Die Frage der Höhe Bremer Diskussionen um Hochhaus-Pläne VON THOMAS KUZAJ Bremen – Wie hoch darf‘s gehen? Bremen streitet um Hochhäuser, es geht um Standorte, um die Skyline und um Höhen. Im Krach um das Hochhaus, das auf dem früheren Bundesbank-Areal im Viertel entstehen soll, wurde unterdessen ein Kompromiss gefunden. Der Beirat Mitte hat dem Kompromiss – und damit auch dem Abriss des früheren Bundesbankgebäudes – zugestimmt, während Proteste von Bürgern gegen die Pläne andauern. Vor drei Jahren hatte die Bundesbank das 7 000-Quadratmeter-Areal im Bereich von Kohlhökerstraße und Salvador-Allende-Straße an den Hamburger Projektentwickler Evoreal verkauft. Ein Grundstück in Spitzenlage: Viertel, Innenstadt und Wallanlagen liegen in der Nachbarschaft. 170 Wohnungen wollte das Unternehmen hier bauen, eingebettet in eine parkähnliche Umgebung. Markanter Orientierungspunkt des geplanten Quartiers: ein 14-geschossiges Hochhaus. Pläne, die nach einiger Zeit eine Bürgerinitiative auf den Plan riefen: Umnutzung statt Abriss des Bundesbankgebäudes, das war deren Forderung. Eine Baustelle mit jahrelangem Lastwagenverkehr, der Feinstaub durch den Bauschutt – alles unzumutbar, so die Klage von Anwohnern. Die Parteien der rot-grün-roten Regierungskoalition schätzen andere Aspekte als bedeutsamer ein. Bremen braucht Wohnungen. Und Bremens Fläche ist nicht unendlich. Die Stadt muss – auch – in die Höhe wachsen, anders wird es nicht gehen. Vertreter von SPD, Grünen und Linken handelten vor diesem Hintergrund einen Kompromiss mit Evoreal aus: Elf statt 14 Geschosse beim Hochhaus, zum Ausgleich leichte Aufstockung benachbarter Gebäude; Sozialwohnungsanteil 30 statt (wie ursprünglich geplant) 25 Prozent. Statt der 170 sind nun 180 Wohnungen geplant, 54 davon Sozialwohnungen. „Wir hätten gerne 14 Geschosse gehabt“, so Frank Petersen, einer der drei Evoreal-Geschäftsführer, im Gespräch mit unserer Zeitung. Zugleich betont er: „Es ist immer ein gemeinsames Verfahren, es ist ein Kompromiss.“ Wann genau die Arbeiten auf dem Grundstück nun beginnen, das lasse sich noch nicht sagen. Vor Anfang 2021 aber sei nicht damit zu rechnen. Nach dem Abriss werde dann mit einer Bauzeit von zweieinhalb Jahren kalkuliert. Ursprünglich war das Investitionsvolumen mal auf 60 Millionen Euro beziffert worden. Petersen geht davon aus, dass es inzwischen eher mehr sein dürfte. Über das Hochhaus werde „auf jeden Fall gestritten werden“, davon war Ortsamtsleiterin Hellena Hartung schon bei der ersten Präsentation der Pläne ausgegangen. Damit sollte sie richtig liegen. Hochhaus-Diskussionen gibt es aber auch andernorts in der Stadt. Für überdimensioniert hielt die rot-grün-rote Koalition jene Pläne, die die Investoren Pinchas und Samuel Schapira für das Sparkassen-Areal (Am Brill) präsentiert hatten. Der US-Stararchitekt Daniel Libeskind hatte darin vier bis zu 98 Meter hohe Türme vorgeschlagen. Damit wagte er sich an eine Grenze. Denn 98 Meter, das ist die Höhe der Bremer Domtürme. Die Dom-Höhe gilt in Bremen seit Jahrzehnten als architektonische und stadtplanerische Richtschnur. Der New Yorker Architekt nannte seine Türme „niedrig bis mittelhoch“. Libeskind orientierte sich an der Vergangenheit: Nicht weit vom Brill entfernt stand die im Krieg zerstörte St.-Ansgarii-Kirche, deren 118 Meter hoher Turm ein Wahrzeichen Bremens war. Nun, Libeskinds spektakulärer Entwurf ist Geschichte, dennoch haben die Schapiras von einer Rücktrittsklausel im Kaufvertrag mit der Sparkasse keinen Gebrauch gemacht. Die historische Altstadt-Silhouette mit Dom, Liebfrauen- und Martinikirche soll, so der allgemeine Wunsch, nicht durch Hochhäuser zerstört werden. An anderer Stelle wird es weitere Hochhausdiskussionen geben, etwa auf dem früheren Kellogg-Grundstück in der Überseestadt. Ein weiteres ist in Vorbereitung – auf dem neuen Bremer Fernbusterminal hinter dem Übersee-Museum soll ein etwa 40 Meter hohes Haus mit zwölf Geschossen entstehen – unten Hotel, oben Büros. Bilder: So soll die Bebauung auf dem früheren Bundesbank-Areal jetzt aussehen – das Hochhaus hat nun elf statt der ursprünglich geplanten 14 Geschosse. Dafür werden umliegende Gebäude etwas größer. VISUALISIERUNG: EVOREAL/MOKA-STUDIO Evoreal/moka-studio